Pressestatement von Bundeskanzler Scholz anlässlich des G7-Gipfels am 26. Juni 2022 in Schloss Elmau

BK Scholz: In den internationalen Beziehungen ist gegenwärtig nicht alles eitel Sonnenschein. Allerdings glaube ich, dass man für den Ort, wo wir uns versammelt haben, hier bei Schloss Elmau, schon sagen kann: Hier ist gutes Wetter.

Das gilt auch für die Beratungen, die wir miteinander haben. Es treffen sich die wirtschaftsstarken Demokratien, und uns eint der Blick auf die Welt. Uns eint auch der Glaube an die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit, und das wird auch für das, was wir hier zu beraten haben, eine große Rolle spielen.

Das erste Thema, das wir jetzt sehr intensiv besprochen haben, ist eines, das die Bürgerinnen und Bürger überall auf der Welt umtreibt: Energiekrise, Inflation. Wir wissen, dass da etwas zu tun ist. Das ist ja auch ein Ausgangspunkt für diese Zusammenkunft gewesen.

Als Helmut Schmidt sich bemüht hat, die Vorläufer dieses Treffens zustande zu bringen - damals noch als G6, weil sich 1976 sechs Länder getroffen haben -, ging es um Herausforderungen von ähnlicher Dimension. Das zeigt, dass in den internationalen Beziehungen nur eins hilft: gute Partnerschaften, enge Kooperationen und dass tatsächlich miteinander gesprochen wird, und zwar nicht nur, indem viele Experten einander von Regierung zu Regierung etwas sagen, sondern auch die Staats- und Regierungschefinnen und Regierungschefs der Welt. Die G7 sind eine gute Gemeinschaft, um gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln. Es ist wichtig, dass wir dabei entschlossen und auch geschlossen handeln. Beides gehört zusammen.

Die Staaten der G7 haben eng zusammengestanden, genauso wie die Europäische Union und die Nato, als es darum ging, die Unterstützung für die Ukraine gegen den brutalen Angriff Russlands zu organisieren, und zwar von Anfang an. Man kann sicher sagen, dass Putin nicht damit gerechnet hat und ihm die große internationale Unterstützung für die Ukraine, aber natürlich auch der Mut und die Tapferkeit der Ukrainerinnen und Ukrainer bei der Verteidigung ihres Landes, unverändert Kopfschmerzen bereitet.

Dass es ein brutaler Krieg ist, den Putin führt, haben wir jetzt wieder mitbekommen, mit Raketenangriffen auf Häuser in Kiew. Das zeigt, dass es richtig ist, dass wir zusammenstehen und die Ukrainerinnen und Ukrainer dabei unterstützen, ihr Land, ihre Demokratie und auch ihre Freiheit auf Selbstbestimmung zu verteidigen.

Ich habe mich heute Morgen mit Präsident Biden sehr sorgfältig bilateral unterhalten. Wir sind uns einig in unseren Einschätzungen, was die Ukraine betrifft, in der Frage, was zu tun ist. Man kann hier sehr klar sagen: Deutschland und die USA werden immer gemeinsam handeln, wenn es um Fragen der Sicherheit der Ukraine geht. Das war von Anfang an so, das wird auch in Zukunft so bleiben, und wir haben uns dieser gemeinsamen Vorgehensweise und der engen Koordination noch einmal neu versichert.

Das Gleiche gilt übrigens auch für die Fragen, die uns hier wirtschaftlich bewegen, wenn es um Energiemärkte geht und wie wir miteinander unsere Aktivitäten koordinieren.

Die erste Arbeitssitzung ging dann auch um Weltwirtschaft. Alle G7-Staaten sind über die Krisen besorgt, die wir gegenwärtig zu bewältigen haben. In einigen Ländern gibt es sinkende Wachstumsraten, steigende Inflationen, Rohstoffknappheit und Störungen der Lieferketten. Das sind alles keine kleinen Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Deshalb müssen wir auch gemeinsam Verantwortung tragen. Ich bin aber sehr, sehr, sehr zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, von diesem Gipfel ein ganz klares Signal der Geschlossenheit und entschlossenen Handelns auszusenden. Dass wir uns einig sind, bedeutet auch, dass es uns gelingen kann, die Risiken koordiniert anzugehen und dass wir auch Investitionen und Lieferketten gemeinsam mobilisieren können, wie es für uns notwendig ist.

Wir werden gleich eine zweite Arbeitssitzung haben. In dieser wird es um Fragen von Investitionen in die globale Infrastruktur gehen. Das ist sehr breit gemeint. Da geht es eben um Infrastruktur - für Häfen, für Eisenbahnverbindungen, für Elektrizität. Es geht aber selbstverständlich auch um Infrastrukturen, die etwas mit globaler Gesundheit zu tun haben. In der COVID-19-Pandemie haben wir gemerkt, dass solche Pandemien nur gemeinsam in der Welt bekämpft werden können und welche Herausforderungen uns da begegnen, wenn wir das wirklich erreichen wollen. Deshalb müssen wir das entschlossen anpacken und diese Fragen miteinander lösen.

Wir werden heute auch noch am Abend sehr, sehr ausführlich und sehr vertraulich über die Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik sprechen. Die Ukraine und die russische Aggression werden dabei ein wichtiges Thema sein, aber nicht das einzige. Denn wir müssen ja an einer Sicherheitsarchitektur unserer Welt arbeiten, die Frieden sichert und nicht immer gefährlicher und riskanter wird. Das ist das, warum es geht.

Deshalb bin ich sehr froh, dass wir hier so viel Zeit haben, miteinander zu sprechen, ganz entfernt von den typischen formalisierten Abläufen, und auch so, dass jeder das sagt, was ihm wirklich auf dem Herzen liegt und wie die eigenen Ansichten sind. Dass wir miteinander wirklich diskutieren, das hat gleich bei der ersten Sitzung geklappt. Wenn das für alle weiteren Besprechungen hier gelingt, dann wird von diesem Treffen auch eine koordinierte Politik der wirtschaftlich starken Demokratien der Welt ausgehen.

So viel für diesen Moment. Wir begegnen uns alle noch öfter. Ich danke Ihnen für Ihre Teilnahme und Ihr Interesse.