Bundeskanzler beim W7-Gipfel
Bundeskanzler Scholz hat Gleichstellung als eine zentrale Säule jeder Demokratie bezeichnet. Auf dem W7-Gipfel in Berlin nahm er Forderungen der Delegierten entgegen, die die G7 zu konkreten politischen und finanziellen Zusagen zur Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit aufrufen.
„50 Prozent der Menschheit muss 50 Prozent der Macht bedeuten – und eine starke Beteiligung von Frauen auf allen Entscheidungsebenen, gerade in Spitzenpositionen.“ Das betonte Bundeskanzler Scholz beim Women7-Gipfel, dem Treffen der frauen- und gleichstellungspolitischen Zivilgesellschaft im Rahmen der G7. Nach seiner Rede nahm Scholz noch an einer Diskussion auf dem Gipfeltreffen teil.
Women7 (W7) ist einer der sieben zivilgesellschaftlichen Dialogprozesse für die deutsche G7-Präsidentschaft und versammelt Vertreterinnen und Vertreter der frauen- und gleichstellungspolitischen bzw. feministischen Zivilgesellschaft aus 24 Ländern. Ziel ist, dass die G7-Länder konkrete politische und finanzielle Verpflichtungen zur Verbesserung der Situation von Frauen und Mädchen weltweit eingehen. Mehr Infos zu Women7 gibt es hier.
Gleichheitsgrundsatz zentrale Säule jeder Demokratie
Scholz bedankte sich für die Arbeit der W7-Teilnehmerinnen und nahm das Kommuniqué ihrer Forderungen entgegen. Der Kanzler betonte vor allem, dass sich die W7 als Sprachrohr von knapp vier Milliarden Mädchen und Frauen weltweit verstünden. Das decke sich mit dem Anspruch der deutschen G7-Präsidentschaft, „den Blick auch über die G7 hinaus zu weiten“.
Die Perspektive von Frauen gehöre gleichberechtigt in allen Lebensbereichen berücksichtigt, so Scholz. Daher unterstütze er die Forderungen der W7 nach mehr Beteiligung „aus vollem Herzen“. Ihm sei bewusst, dass auch die Politik hier noch Nachholbedarf habe. Daran werde sich die G7 messen lassen müssen. Denn der Gleichheitsgrundsatz „ist eine, wenn nicht die zentrale Säule jeder Demokratie“, so Scholz.
Weitere Themen: Gewalt und faire Bezahlung
In seiner Rede betonte der Bundeskanzler, dass die Pandemie frauenfeindliche Tendenzen verstärkt habe. Beim Thema Gewalt gegen Frauen denke man in diesen Tagen unweigerlich auch an ukrainische Frauen und Mädchen. Für ihn sei es „völlig selbstverständlich“, dass man alles tue um denjenigen, die in die EU geflohen sind, „ein gutes Ankommen und gute Perspektiven zu bieten.
In der anschließenden Diskussion ging es auch um den Aspekt der Lohngleichheit. Scholz erzählte, dass er mit Anfang 20 geglaubt habe, dass das Thema der gleichen und fairen Bezahlung innerhalb von zehn Jahren zu lösen sein würde. Das Thema sei aber bekanntlich nicht gelöst. „Wir brauchen Gesetzgebung und ein Verständnis dafür, dass es essentiell ist, dass wir eine faire Bezahlung haben.“
Klimaneutralität: Industriestaaten müssen mehr leisten
Zum Thema Klimaneutralität erläuterte der Kanzler, dass es ein „sehr ehrgeiziges Ziel“ sei, bis Mitte des Jahrhunderts in allen Ländern klimaneutral zu werden. Das sei eine sehr große Aufgabe für alle Länder. Man wisse, was zu tun sei, aber reiche Staaten müssten mehr leisten als die Länder des globalen Südens:
„Es wäre ein Fehler, wenn wir in den reichen Industriestaaten sagen würden, dass wir verstanden haben, dass wir nicht so weitermachen können“, um dann die Länder des globalen Südens zu bitten, das Gleiche zu tun. Das werde sicher nicht funktionieren. Deswegen müssen man zusammenarbeiten, um diese Aufgabe „für uns alle zu lösen“, so Scholz. Es werde unterschiedliche Wege geben – entscheidend sei aber, diese Wege zu gehen.
Forderungen der W7
Die W7 sind in diesem Jahr unter dem Motto „Time to deliver! – Zeit zu liefern“ zu ihrem zweitägigen Gipfel zusammengekommen. Mehr als 60 Vertreterinnen und Vertreter der frauen- und gleichstellungspolitischen bzw. feministischen Zivilgesellschaft aus 24 Ländern hatten in den vergangenen Monaten konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik erarbeitet. Es geht darum die Gleichstellung deutlich voranzubringen. Dieses Kommuniqué nahm Bundeskanzler Scholz in Berlin entgegen. Inhaltliche Schwerpunkte des Kommuniqués:
- eine angemessene Teilhabe und Repräsentation von Frauen und Mädchen in Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen des sozioökonomischen und politischen Lebens zu gewährleisten;
- die Rechte von Gruppen, die marginalisiert und systematisch diskriminiert werden (z.B. Schwarze, Indigene, People of Color, LGBTIQ, …) zu fördern;
- Geschlechtergerechtigkeit als leitendes Prinzip aller Politikfelder zu etablieren;
- Initiativen zur Stärkung von Frauen in Innen- und Außenpolitik zu fördern;
- eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik national und global umzusetzen;
- in einen geschlechtergerechten Ansatz von Datengenerierung zu investieren.
Frauenrechte verteidigen
Ein Gedanken lag dem Kanzler noch am Herzen: Fortschritt komme nicht von selbst und Rechte seien „nie in Stein gemeißelt“. Sie müssten immer wieder verteidigt werden, auch in freien und demokratischen Gesellschaften. Das sehe man beispielsweise gerade in den USA, wo das Oberste Gericht eine Grundsatzentscheidung zum Abtreibungsrecht neu aufrolle und möglicherweise revidieren werde. Daher brauche es Kräfte, die für Fortschritt sorgen, so Scholz.